Der Wert der Religion in der Zukunft

In den letzten Jahren steigt die Anzahl der Leute, die sich als Atheisten erklären, rapide, und zwar nicht nur europaweit, sondern weltweit. Beispielsweise betrug laut der Gallup International Umfrage die Anzahl der sich als Atheisten erklärenden Bürger in 57 Ländern im Jahr 2005 68%, während dieselbe Nummer bis 2011 auf 77% gestiegen ist. Das bringt die Anzahl der Atheisten in der Welt zu 13%. Generell betrachtet bilden die Nichtgläubige immer noch eine Minderheit, dennoch lässt sich diese steigende Tendenz nicht ignorieren. Hat die Religion eine Zukunft in der modernen Welt?

Ein Blick in die Geschichte

Das erste Datum des ägyptischen Kalenders liegt 4,242 Jahre vor Christus. Wie die Geschichte erzählt, beruhte die ägyptische Gemeinschaft auf Polytheismus – also bereits vor 6,000 Jahren spielte die Religion eine zentrale Rolle in der Gesellschaft. Erst vor ungefähr 400 Jahren hat Galileo versucht, die Wahrheit nicht als ein Produkt der Religion darzustellen, sondern als Konsequenz der natürlichen Gesetze. Eine 5,500 Jahre alte Tradition kam damit ins Schwanken und seitdem geht es für die Religion, in Bezug an die Anzahl der Gläubiger, nur bergab.

Wenn wir uns die Daten genauer anschauen, lässt sich beobachten, dass der moderne Empirismus, also die Wissenschaften sowie im letzten Jahrhundert auch die rasante Entwicklung der Technologie, sich in einem Zeitraum von weniger als 7% der Weltgeschichte entwickelten, dennoch scheinen sie die Religion langsam aus der Gesellschaft zu verdrängen.

Das beginnt lange vor dem berühmten Satz von Nietzsche, in dem er erklärt „Gott ist tot“. Doch der Satz fasst die neuen Erscheinungen, die sich in Europa zu der Zeit breit gemacht hatten und heute noch andauern, gut zusammen. Nietzsche war Atheist, also behauptete er damit keinesfalls, dass es den Gott einst gab und dass der nun gestorben sei. Vielmehr wollte er damit signalisieren, dass die Bürger Europas keinen Gott mehr als Symbol allen Morals, aller Werte oder der Weltordnung brauchten, sondern dass die Philosophie und die Wissenschaften nun diese Aufgabe übernommen hätten. Nicht nur war der Gott tot: die Menschheit hat ihn selber getötet, weil sie die Welt besser und tiefgründiger verstehen wollte.

Gibt es eine Zukunft ohne Religion?

In den letzten Jahrzehnten lässt sich beobachten, dass in den wirtschaftlich entwickelten Ländern die Anzahl der Gläubigen geringer wird. In den Kulturen, wo die Leute ziemlich arm sind, spielt Glauben aber eine wesentliche Rolle. Er bietet der Gemeinschaft eine Bedeutung für ihre Qualen und verspricht ihnen eine Erlösung nach dem Tod. Der Glauben bietet ihnen Zuflucht von der Realität, und zwar besser als jegliches säkulares Ideal heutzutage.

Dieses in der Menschheit tief verankerte Gefühl, wir seien nur ein Teil von etwas Größerem und unser Leben sei nicht umsonst, ist eine Gewohnheit, die nur schwer ausgerottet werden kann.

Die Menschheit braucht einen Lebenszweck und der Glaube an Gott und an die Bibel gibt ihnen den Mut, den Willen und die Motivation, sich durch das Leben zu kämpfen. Sie verlassen sich auf ihre Intuition. Und obwohl die Wissenschaft, als Gegner dieser Intuition und die Stimme, die uns sagt, man müsse für alles nach einem greifbaren Beweis suchen, hat eine schwere Aufgabe vor sich, wenn sie die Religion vernichten will. Denn obwohl immer mehr Leute zu keiner Kirche gehören und sich nicht als Gläubige in dem ursprünglichen Sinne des Wortes verstehen, behaupten die meisten, sie würden immer noch an eine höhere Gewalt glauben – wenn auch nicht im Gott selbst verkörpert – und viele von ihnen sehen sich immer noch als geistige Menschen.

Das mag mit dem immer mehr profitorientierten und politisch engagierten Charakter der Kirche zusammenhängen. Vielleicht sehen wir daher in der Zukunft nicht eine Religion, die von der Institution Kirche untrennbar ist, sondern vielmehr eine unorganisierte, nicht institutionalisierte Art des Glaubens.